Das Statistische Bundesamt und der 3. Dezember

Christiane Link

Ich kann es mir so richtig vorstellen. Da stand ja dieser Tag an. Der 3. Dezember. Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Und da wollten die Statistiker beim Statistischen Bundesamt ja auch PR-mässig nicht hinten anstehen und haben sich zusammen gesetzt und überlegt, was sie denn zu diesem Tag für Zahlen veröffentlichen. Und was lag da näher als mal nachzuschauen, was behinderte Menschen denn so kosten. Das ist ja in Deutschland immer wieder gerne ein Thema. Und siehe da, sie haben einen Posten gefunden, der zeigt, dass behinderte Menschen richtig teuer sind, aber sich der Staat nicht lumpen lässt: Die Eingliederungshilfe.

Und so haben sich die Damen und Herren Statistiker hingesetzt und folgende Pressemitteilung verfasst:

Wie das Statistische Bundesamt zum Internationalen Tag der behinderten Menschen am 3. Dezember mitteilt, wurden im Jahr 2006 in Deutschland netto 10,5 Milliarden Euro für die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII „Sozialhilfe“) ausgegeben. Mit einem Anteil von 58% an den gesamten Nettoaufwendungen der Sozialhilfe (18,1 Milliarden Euro) ist die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen damit die finanziell mit Abstand bedeutendste Hilfeart im Rahmen der Sozialhilfe. Im Laufe des Jahres 2006 erhielten 643 000 Personen Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII. (…)

Dabei stellen sich an so einem Tag mir ganz andere Fragen, auf die das Statistische Bundesamt vielleicht auch eine Antwort wissen sollte. Wie viele Menschen mit einem Grad der Behinderung stehen in Deutschland im Jahr 2007 wirklich in Lohn und Brot (ohne Werkstätten und 1-Euro-Jobs)? Wie viele davon haben einen Grad der Behinderung von mehr als 75 Prozent? Wie viele Menschen finanzieren die Pflege ihrer Angehörigen, weil die Pflegeversicherung nur einen Teil abdeckt? Wie viele Gebäude im Bundesgebiet, die in Besitz des Bundes, der Länder und Gemeinden sind haben einen barrierefreien Zugang im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes? Die Antworten auf diese Fragen geben weit mehr Auskunft über die Lebenssituation behinderter Menschen als die Kosten zu veröffentlichen, die sie erzeugen.

Liest man die Pressemitteilung weiter, dann findet man einen interessanten Punkt: 89% der Nettoausgaben für die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen fielen 2006 in Einrichtungen (zum Beispiel Werkstätten für behinderte Menschen) an. Was die Pressestelle wahrscheinlich als Anzeichen für einen gut funktionierenden Sozialstaat gewertet hat, halte ich für einen Skandal. Ich bin mir durchaus darüber bewusst, dass man nicht alle Einrichtungen verteufeln kann, aber dass ausgerechnet eine Leistung, die „Eingliederungshilfe“ heißt, in Einrichtungen fließt, finde ich ziemlich bemerkenswert.

Da es sich um einen internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen handelt, kann ich jetzt schön vergleichen, mit was sich die Briten an dem Tag befassen. Und ich bin ziemlich sicher, es sind nicht die Kosten, die ein Teil ihrer Mitbürger verursacht. Das fänden die Menschen hier als ziemlich „offending“.



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