Babypanik

Christiane Link

Um mich rum hat seit einiger Zeit sowohl der Babyboom als auch die Babypanik eingesetzt. Babyboom, weil gerade um mich rum alle Babys kriegen. Schön! Aber ein Teil der Frauen, die ich kenne, hat die Babypanik. Mit Babypanik meine ich das Phänomen, dass man unbedingt meint, jetzt und sofort schwanger werden zu müssen, weil sonst isses zu spät. Und das sagen mir längst nicht nur von Frauen, die kurz vor den Wechseljahren stehen. Fragt man dann, woher die Panik, bekommt man folgendes zu hören: „Meinst Du ich will ein behindertes Kind?“. Dahinter steckt die Befürchtung, ein Kind mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) zu bekommen.

Die Wahrscheinlichkeit für eine Frau im Alter von 25 Jahren, mit einem Kind mit Down-Syndrom schwanger zu werden, liegt laut Wikipedia bei weniger als 0,1 %, im Alter von 35 Jahren bei 0,3 %, im Alter von 40 Jahren bei 1 % und im Alter von 48 Jahren bei 9 %. In etwa 97 Prozent aller Fälle liegt keine Chromosomenveränderung vor. Und dennoch herrscht bei Frauen meines Alters bereits eine Panik, die teilweise fast die Freude auf das Schwangersein und das Kind überlagert. Und ich bin gerade einmal 30! Ich kenne nicht viele Menschen mit Trisomie 21, aber die, die ich kenne, sind Kinder von jungen Eltern. Das muss nicht unbedingt ein Zufall sein. Denn erst bei Frauen ab 35 wird in Deutschland verstärkt nach Auffälligkeiten gefahndet. Die jungen Mütter wissen teilweise bis zur Geburt gar nicht, dass sie ein Kind mit Down-Syndrom bekommen. Die Frauen, die es wissen (also vor allem die Älteren), treiben in rund 90 Prozent der Fälle ab. Die Zahl scheint in Deutschland und England identisch zu sein.

Nun will ich keine Debatte über Abtreibung vom Zaun brechen, aber ich habe irgendwie den Eindruck, dass die kommenden Eltern ziemlich unentspannt sind. Dabei ist Kinder kriegen ja eigentlich etwas Schönes. Und ein Kind kann man ja auch nicht so einfach im Internet bestellen. Da heißt es flexibel sein, was die Zeitplanung angeht. Und ich kann mir nicht helfen, aber ich finde Kinder kriegen ähnelt in diesen Zeiten etwas dem Leistungsdruck beim Eiskunstlaufen. Alles muss ganz perfekt sein, der Zeitpunkt und eben auch das Kind. Machen sich die Eltern diesen Druck selbst oder woher kommt der? Ich verspüre den Druck überhaupt nicht, aber ich bin ja sowieso ein eher gelassener Mensch. Vielleicht gibt es auch zu wenige Menschen mit Down Syndrom. Die Menschen haben vor etwas Angst, was sie eigentlich gar nicht kennen. Und je mehr Angst die Leute haben, desto weniger Babys mit Trisomie 21 kommen auf die Welt. Nur so ein Gedanke. Und ich glaube, die wenigsten Frauen kennen die Statistik wirklich. Ich würde gerne mal eine Umfrage lesen, was die Frauen in meinem Alter schätzen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, mit 35 ein Baby mit Down-Syndrom zu bekommen. Ich bin sicher, die Panik ließe sich aus den Antworten ablesen.



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