Manchmal frage ich mich wirklich, warum es diese Typen immer auf mich abgesehen haben. Ein Mitglied der Gattung „Durchgeknallt“ (jaja, ich weiß, das ist nicht politisch korrekt) hat mir heute schön den Abend versaut. Ich war im Bus unterwegs als ein kleinwüchsiger Mann einstieg. Er konnte nicht so gut gehen und ich sagte A., dass er zum Fenster durchrutschen soll, damit sich der Mann hinsetzen kann. Ich stand auf dem Rollstuhlplatz mit dem Gesicht nach vorne in Fahrtrichtung. Hinter mir standen einige Leute. Ich las in einem Buch.
Der Mann war so groß wie ich im Sitzen ungefähr. Er setzte sich nicht, sondern stellte sich zwischen mich und den leeren Sitz. Dabei klemmte er mir die Hand ein, weil er sich an die Stange lehnte, an der ich mich festhielt. Ich wies ihn darauf hin, er reagierte nicht.
Stattdessen begann er vor sich hin zu faseln – immer lauter. Redete über die Linkspartei, regte sich auf, schimpfte rum. Ich beachtete ihn gar nicht mehr, sondern las in meinem Buch weiter. Irgendwann muss der Typ sich in Richtung Tür bewegt haben. Ich hatte nicht darauf geachtet. Plötzlich schlug mir jemand mit einem stumpfen Gegenstand auf den Hinterkopf. Mit voller Wucht. Ich war erst ganz benommen, reagierte dann aber erstaunlich wach und rief: „Der Mann hat mich geschlagen.“ Es war mir sofort klar, wer das gewesen sein musste. Und tatsächlich, der Typ, der vorhin noch vor sich hin laberte, stand jetzt hinter mir.
Ein Soziologe hätte an der Reaktion der Fahrgäste seine helle Freude gehabt. Alle starrten ihn und mich an. Keiner sagte was. Ich hielt mir den Hinterkopf, an dem sich eine schöne Beule bildete. Plötzlich sagte einer: „Das hat der Mann bestimmt nicht absichtlich getan.“ Klar, behinderte Menschen sind nicht böse. Der kleinwüchsige faselnde Mann natürlich auch nicht. Mir war angesichts der Wucht, mit der mich der Gegenstand traf, völlig klar, dass der nicht mal eben so und ganz aus Versehen berührt hat. Die Antwort auf die Frage Absicht – Ja oder Nein? gab der Typ dann selbst: Er lachte sich kaputt und stieg sofort aus dem Bus aus, der gerade an der Haltestelle hielt.
Liebe emotionale Geisterfahrer dieser Welt, haltet doch bitte Abstand von mir. Faselt so viel ihr wollt. Brabbelt vor Euch hin. Lauft auf den Händen. Malt Euch grün an. Ist mir alles egal, aber schlagt mich nicht und labert mich auch nicht an. Ich merke nämlich zunehmend, dass meine Toleranz bei Euch gegen 0 tendiert je mehr ich von Euch treffe. Ich weiß, viele sind psychisch krank. Kann ich alles verstehen. Und ich kann auch über vieles hinweg sehen. Aber irgendwann ist auch mal gut und ich bin bedient.
An allen Leuten laufen diese Menschen vorbei. Sie reden vor sich hin, verhalten sich vielleicht merkwürdig. Ich versuche, sie so gut es geht zu ignorieren. Sie ignorieren mich aber nicht. Sie fassen mich an und sie freuen sich, dass sie jemand gefunden haben, den sie in ihrer Hierarchie noch weiter unten als sich selbst sehen. Das zeigen sie mir dann auch. Das, was der Typ im Bus abgezogen hat, ist natürlich eine Ausnahme. Aber ich weiß genau, der nächste dieser Zeitgenossen wird es nicht leicht haben mit mir. Da hilft auch kein „Der kann nix dafür“-Denken. Grenzübertritt bleibt Grenzübertritt.