Ich gebe zu, wenn mich normalerweise jemand fragen würde, welches Dienstleistungsunternehmen in Deutschland meine Nerven bislang am meisten strapaziert hat, hätte ich sofort die Deutsche Bahn genannt: Kein Hublift, unfreundliches Personal, kaputte oder gar keine Fahrstühle, falsche Auskünfte – alles habe ich mehrfach schon erlebt. Doch seit gestern bin ich ein wenig versöhnt, denn die Bahn war ganz früh hellwach.
Ich musste sehr früh nach Berlin und wollte um 6:08 Uhr den ICE ab Hamburg-Hauptbahnhof nehmen. Ich hatte mich am Tag zuvor bei der Mobilitätszentrale über das Internet angemeldet, da ich Rollstuhlfahrerin bin. Als ich am Bahnhof ankam und auf die Anzeigetafel in der Bahnhofshalle schaute, stand da schon, dass mein Zug auf Gleis 12 einfahren werde. Ich ging also zu Gleis 12 und wartete auf das Servicepersonal. Eine freundliche Stimme sagte auf deutsch und englisch, dass der ICE nach Berlin heute auf Gleis 12 statt auf Gleis 8 einfahren werde. Ich war froh, schon auf dem richtigen Gleis zu stehen.
Ein netter älterer Mitarbeiter begrüßte mich sehr freundlich und fragte mich, ob ich denn gleich gesehen hätte, dass der Zug heute auf einem anderen Gleis einfahre. «Hatte ich schon an der Anzeigetafel gesehen», sagte ich ihm. «Wissen Sie auch warum?», fragte er mich. Ich zuckte mit den Schultern. «Ja wegen Ihnen», sagte er. «Wegen mir?» schaute ich ihn ungläubig an. Er strahlte zurück: «Der Fahrstuhl an Gleis 8 ist defekt. Der hat die Hitze nicht vertragen. Und weil wir wussten, dass Sie kommen, hat der Nachtdienst den ICE auf ein anderes Gleis verlegt.» Er konnte seinen Stolz über soviel Kundenfreundlichkeit kaum verbergen. Ich war mehr als überrascht über soviel Weitsichtigkeit und bedankte mich herzlich bei ihm. Er versprach mir, dass ich auch nachmittags, wenn ich wieder aus Berlin zurück sei, keine Probleme haben werde.
Und tatsächlich: Als ich um 16:00 Uhr wieder aus Berlin zurückkam, war der Fahrstuhl an Gleis 8 repariert.