Das Netzwerk Recherche (nr) hat vor einigen Monaten einen Medienkodex veröffentlicht. Insbesondere das „Gebot“ „Journalisten machen keine PR“ hat zu umfangreichen und zum Teil scharfen Diskussionen geführt. Bei der Jahrestagung des Netzwerks Recherche sitzen jetzt einige der Diskutanden zusammen: Lutz Tillmanns von Deutschen Presserat, Eva Kohlrusch von Journalistinnenbund, Sebastian Esser von der Zeitschrift V.i.S.d.P. und Professor Rainer Burchardt vom Netzwerk Recherche. Es moderiert Peter Grabowski, ebenfalls Netzwerk Recherche. Ich werde diesen Beitrag im Laufe der Diskussion aktualisieren.
Rainer Burchardt hat zu Beginn erläutert, die Formulierung „Journalisten machen keine PR“ sollte unmissverständlich sein.
„Es sind nicht nur jüngere Kollegen, die uns nach Leitlinien fragen, es sind auch ältere.“ Burchardt kündigt an, er werde diesen Kodex verteidigen. „Der Kodex war überfällig“. Er meint, das Berufsbild der Journalisten sei ziemlich verhunzt. Der Kodex des nr sei nicht auf dem „Olymp irgendwelcher Hohenpriester unseres Gewerbes“ entstanden. Er findet die Sanktionsmöglichkeiten des Deutschen Presserats zu schwach.
Sebastian Esser sagt, natürlich müsse es eine journalistische Ethik geben. Natürlich sei es zu begrüßen, dass es eine ethische Diskussion gibt. „Du sollst nicht Töten“ sei viel einfacher zu befolgen als „Journalisten machen keine PR“.
Stellungnahme Eva Kohlrusch habe ich verpasst, weil ich gerade mit der Technik kämpfte.
Lutz Tillmanns meint, der Kodex des nr sei therorielastig. Der Pressekodex des Presserats sei praxisorientiert, habe sich aus der Beschwerdearbeit herausgebildet. Er verstehe sich als Regeln für guten Journalismus.
Sebastian Esser meint, obwohl in seinem Verlag Zeitungen für PR-Leute und Lobbyisten erscheint, arbeite er unabhängig. Grabowski wird sarkastisch und verlässt ein bisschen die Moderatorenfunktion, finde ich. Vielleicht wäre es besser gewesen, einen neutraleren Moderator auf dieses Podium zu setzen.
Eva Kohlrusch kritisiert die Aussage von einer anderen Diskussion „Ein Journalist, der PR macht, ist anschließend nicht mehr brauchbar“. Sie kritisiert das Vokabular. Sie verstehe den Satz „Journalisten machen keine PR“ nicht.
Rainer Burchardt meint: „Zugeben, der Begriff PR ist unscharf. Ich mache keinen großen Unterschied zwischen Werbung und PR.“ Er zitiert Friedrichs, dass Journalisten sich nicht einer Sache gemein machen sollte. Er spricht vom Einspannen als „PR-Vehikel“. Man sei sich darüber im klaren, dass gegen sämtliche Artikel des nr-Kodex ständig verstoßen wird.
Eva Kohlrusch erzählt, dass sie früher PR gemacht hat und fragt ob sie jetzt „verbraucht“ sei. Burchardt spricht von Grauzonen. Esser spricht von jungen Journalisten, die auch für das ADAC-Magazin schreiben oder andere Kundenzeitschriften. Er sehe nicht, wieso jemand nicht auch mal im Bahn-Magazin schreiben darf, wenn die anderen Einnahmen sonst nicht reichen.
Burchardt meint, er könne das nachvollziehen. Kernproblem sei, das Berufsbild werde verwischt. Dem müsse man entgegen halten, man müsse das Berufsbild wahren. Die Verleger müssten ihren Teil dazu beitragen, dass Journalisten nicht auch noch als „PR-Lümmel“ arbeiten müssten. Esser meint, der Kodex richte sich nicht an die Verleger, sondern an die Schwächsten der Kette. „Warum richtet sich der Medienkodex an das Schwächste Glied der Kette?“
Lutz Tillmanns meint auch, der Kodex greife zu kurz, wenn er sich nur an Journalisten richtet. Man habe mehr davon, wenn Verleger wie beim Presserat Verpflichtungen abgeben. Er hätte auch etwas dagegen, dass jetzt ständig neue Kodexe (was ist die Mehrzahl von Kodex?) entwickelt würden.
Burchardt meint, das sei nicht verboten, einen Kodex zu entwickeln. Man könne sich mit den verschiedenen Organisationen an einen Tisch setzen. Tillmanns erklärt, er sei das erste Mal nach drei Jahren zur Diskussion zum nr-Kodex eingeladen worden.
Jemand aus dem Publikum fragt, warum die neue Techniken eine Gefahr darfstellen.
Rainer Burchardt kritisiert Blogs. Was da an Schrott verbreitet werde, einschließlich Wikipedia, sei unglaublich. Man habe es mit knallharter Ökonomisierung der Ware Information zu tun. (Was das mit Blogs und Wikipedia zu tun hat, verstehe ich gerade nicht.) Die Diskussion dreht sich ein bißchen im Kreis.
Esser wirft dem nr PR vor. Der Medienkodex sei reine PR für das Netzwerk. Burchardt stimmt dem zu. Natürlich sei der Kodex eine Sache, die das nr stärker in die Diskussion gebracht hat.
Kohlrusch fragt, wo fängt PR wirklich an. Sie verstehe den Satz „Journalisten machen keine PR“ nicht. (Es wiederholt sich vieles gerade).
Grabowski bricht die Diskussion aus Zeitgründen ab und fordert dazu auf, sich weiter an der Diskussion um den nr-Kodex zu beteiligen.