Familienbetriebe

Christiane Link

Ich muss gestehen, ich bin kein Fan von familiengeführten Betrieben ohne Schriftzug einer großen Hotelkette über der Tür. Man weiß da nie so recht, was einen erwartet. Ich bin gerade in einem solchen Hotel und diese „deutschen Traditionsunternehmen mit Herz“ sind mir irgendwie ein Graus: Oft läßt die Ausstattung des Zimmers auf das Wohnzimmer und den Geschmack der Familie schließen und der Fernseher macht den Anschein als sei er aus dem Nachlass der Großmutter übrig geblieben. Vielleicht habe ich auch einfach immer Pech gehabt, aber irgendwie habe ich den Eindruck, bei Marriott, Holiday Inn & Co. besser aufgehoben zu sein. Da wackelt kein Türgriff, die Rezeptionistin ist durch 10 Schulungen für Kundenorientierung gegangen und wenn doch mal was nicht okay ist, läuft ein „Wie machen wir den Fehler wieder gut?“-Programm ab. Und diese Hotels halten im Zweifelsfall, was sie versprechen und wenn nicht, gibt es eine kostenlose Hotline, die einem zumindest das Gefühl vermittelt, es werde was getan und der Kunde wird ernst genommen.

Ich hatte das Familienhotel am Stadtrand von Kiel vorher angerufen und gefragt, ob es barrierefrei ist. Ich hatte gesagt, dass ich Rollstuhlfahrerin bin. Ja, man sei „behindertenfreundlich“, sagte man mir. Das Wort „barrierefrei“ ist noch nicht so etabliert, deshalb war ich über die Antwort nicht verwundert sondern dachte, ich finde ein barrierefreies Zimmer vor.

Ich kam hier also an und es wurde schon ein riesen Trara veranstaltet, weil ich auf dem viel zu hohen Tresen die Anmeldung nicht ausfüllen konnte. Ich bat um eine Unterlage. Man hatte keine und ich kam mir schon total lästig vor. Sowas gibt es bei den Ketten einfach nicht. Da wird immer irgendwas organisiert, ein Buch oder Ordner ist immer da. Ich hab dann irgendwie auf dem Schoß rumgekritzelt.

Als ich ins Zimmer kam, war ich mir nicht sicher, ob ich wirklich im Rolli-Zimmer war. Die Toilette ist sehr niedrig, es gibt nirgendwo Haltegriffe, der Platz neben der Toilette reicht nicht, um mit dem Rollstuhl daneben zu fahen, meine Knie passen nicht unter das Waschbecken im Sitzen und die Dusche ist zwar zu ebener Erde, aber darum ist ein Glaskasten gebaut, der nicht in ein barrierefreies Zimmer gehört und stört.

Bad

In meiner grenzenlosen Naivität rief ich die Rezeption an und fragte, ob ich im richtigen Zimmer sei. Man habe keine barrierefreien Zimmer, nur „behindertenfreundliche“ klärte man mich auf. Eine derartige Unterscheidung ist absolut unüblich und jeder versteht unter „behindertenfreundlich“ offensichtlich etwas anderes. Für barrierefreie Zimmer gibt es eine DIN und dass die auch bitter nötig ist, erlebe ich hier gerade. Das Hotel wirbt mit dem Merkmal „behindertenfreundlich“ übrigens auch und ich nehme an, ich bin nicht die Einzige, die vermutet, das Hotel kenne nur den richtigen Ausdruck für Barrierefreiheit nicht.

Da nutzt mir die ganze Herzlichkeit eines familiengeführten Betriebes nichts, wenn ich nicht das vorfinde, was ich erwarte oder auch nicht sicher sein kann, was auf mich zukommt. Mir reicht die antrainierte Freundlichkeit des Hotelkettenpersonals durchaus und ich erwarte auch nicht, dass ich vom Hausherrn begrüßt werde. Ich will einfach vorher wissen, was ich buche und nicht die Katze im Sack kaufen.



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