Ich mag den Deutschlandfunk und ich mag auch das Deutschlandradio Kultur. Ehrlich. Deshalb hatte ich mich ja bei den Redaktionsbesuchen zum Kongress Besser Online für dradio.de entschieden. Aber nicht, ohne vorher eine mir bekannte freie Mitarbeiterin der Sender zu kontaktieren und zu fragen, ob das Gebäude einigermaßen barrierefrei sei. Sie meinte, es sei alt, hätte 1000 Eingänge, aber durch den Keller und über ein paar Umwege käme man ins Gebäude.
Irgendwann rief mich der DJV Berlin an und sagte mir, Deutschlandradio habe sich bei ihnen gemeldet, nachdem sie wussten, dass ich Rollstuhlfahrerin bin und meinten, sie seien nicht barrierefrei und es gebe da Schwierigkeiten. Nun muss ich sagen, ich habe ja so meine Erfahrungen, was die Einschätzung von Barrierefreiheit durch Fremde angeht. Während der freundliche Restaurantbesitzer meint, die 15 Stufen vor seiner Tür gingen noch als „rollstuhlfreundlich“ durch, meinen die anderen eine 85 Zentimeter breite Tür könnte mir Probleme machen.
Ich vertraute da eher auf die Aussage meiner Bekannten, die sowohl mich als auch das Gebäude kannte und ich verblieb mit dem DJV so, dass ich mich selbst mit dem Deutschlandradio in Verbindung setzen werde. Dort sagte man mir, es gebe da 1000 Probleme, wenn ich komme – ein anderer Pförtner müsse informiert werden und es müssten Türen aufgeschlossen werden. Aber genau wisse sie nicht, wie ich ins Haus komme. Es habe da schon öfter Probleme mit den Besuchergruppen des Bundestages gegeben, die regelmässig auch das Deutschlandradio besichtigen. Da seien ja auch mal ältere Menschen im Rollstuhl dabei. Die Dame am Telefon war sich sicher nicht darüber bewusst, wie sehr sie mich mit diesen Aussagen geradezu aufforderte, genau diese Besichtigung zu machen und nicht auf das durchaus nette Angebot des DJV zurück zu greifen, an einer alternativen Besichtigung teilzunehmen.
Wir kamen also beim Deutschlandradio an und ich fand einen Nebeneingang mit Rollstuhlrampe. Ich war mir nicht sicher, ob es sich um den besagten Eingang handelte. Man muss wissen, das Deutschlandradio sitzt in einem sehr alten verwinkelten Gebäudekomplex in Schöneberg, im ehemaligen Rias-Gebäude. Die Pförtnerloge war nicht besetzt. Auf mein Klingeln bei der Gegensprechanlage reagierte niemand. Also suchten wir weiter und fanden den Haupteingang: 15 Stufen ohne Gegensprechanlage. Ich schickte A. nach oben, um den Pförtner zu holen. Der kam auch und schickte mich einmal ums Gebäude rum. Ich sagte ihm, wir hätten an einem anderen Eingang geklingelt. „Ja da ist ja auch keiner“, antworte er. Auf der anderen Seite des Komplexes gab es eine Autozufahrt und noch einen Pförtner. Auf dem Weg dorthin rannte uns die Dame hinterher, mit der ich telefoniert hatte. Der Pförtner hatte sie von unserem Eintreffen informiert. Sie erzählte mir noch einmal wie umständlich alles sei und dass sie das Gebäude auch nicht wirklich kenne. Sie habe nochmal den Hausmeister befragt. Der habe ihr versichert, man käme stufenlos ins Haus. Die freie Mitarbeiterin sollte recht behalten.
Das ist der barrierefreie Eingang zum Deutschlandradio:
Durch den Keller kamen wir stufenlos, zu ebener Erde zum Fahrstuhl und damit zu den Konferenzräumen – es gibt Häuser, die sind weit problematischer. Also, liebe Rollstuhlfahrer, bitte besucht doch öfter Deutschlandradio in Berlin. Irgendwann bekommt der Besucherdienst dann Routine und lernt ein bißchen besser das eigene Gebäude kennen. Oder noch besser: Bitte bewerbt Euch doch dort um Stellen. Ich glaube, da fehlen einfach behinderte Mitarbeiter, damit die Leute die Scheu verlieren. Hauptproblem im Vorfeld waren eher die Barrieren in den Köpfen als die baulichen.
Ach, und nochwas: Abgesehen davon, dass der Werbeslogan des Deutschlandfunks „Hören ist Wissen“ eher nach dem Berufsverband der Hörgeräteakustiker klingt und gehörlose Menschen keinesfalls per se dumm sind, trifft er wohl offensichtlich auch nicht auf jeden beim Deutschlandradio zu: Das Gebäude ist für Besucher zugänglich – man muss nur wissen wie.