Gewerkschaftsmitglied zu sein hat einige Vorteile: Man kriegt den Presseausweis umsonst, hat eine Arbeitsrechtschutzversicherung und bekommt mehr oder weniger inhaltsvolle Zeitungen und Zeitschriften zugesandt. Ja, und manchmal gibt es auch Veranstaltungen, die zumindest in der Ankündigung interessant klingen.
Schon mehrfach hatte ich vor, eine Veranstaltung meiner Gewerkschaft ver.di zu besuchen. Schon mehrfach hatte ich die ver.di angemailt und gefragt, ob die Veranstaltungen in barrierefreien Räumlichkeiten stattfinden. Eine Antwort erhielt ich nie. Auch hingegangen bin ich nie.
Heute habe ich die direkte Konfrontation mit meiner Gewerkschaft gesucht. Ich bin einfach hingegangen – und stand vor einer riesigen Treppe. Eigentlich wollte ich an der Diskussion zum Thema „Hamburg braucht eine neue Tageszeitung!“ teilnehmen. O. ist nach oben gelaufen und hat durch den bereits gut gefüllten Raum gerufen: „Da unten steht eine Journalistin im Rollstuhl, die den Fahrstuhl sucht. Wer ist hier der Verantwortliche?“
„Ich habe das hier zu verantworten“, sagte der Gewerkschafter zu mir, nachdem er sich zu mir herunter bemüht hatte. „Ich mache das hier ehrenamtlich. Wer rechnet denn damit, dass das Café im Schauspielhaus keinen Fahrstuhl hat?“, versuchte er sich zu rechtfertigen. Ich sagte recht wenig. Meine Anwesenheit vor der Portaltreppe sprach allein schon Bände. Ich hörte mir seine Entschuldigungen in allen Ausführungen an. Die Diskussionsrunde hörte ich natürlich nicht. „Das passiert mir nicht noch einmal“, versicherte er mir bevor ich wieder wegging. Ob die ver.di ihr Versprechen hält, werde ich bei der nächsten Veranstaltung mit Sicherheit überprüfen.