In der deutschen Botschaft

Christiane Link

Ich hatte das Vergnügen gleich zwei Mal in dieser Woche in der Residenz des deutschen Botschafters in London zu Gast zu sein – einmal zum Hintergrundgespräch mit anderen Journalisten und einmal heute abend zu einer Ausstellungseröffnung.

Dass die deutsche Botschaft baulich eine Herausforderung ist, hatte ich ja bereits schon einmal berichtet. Aber ich kann Entwarnung geben: Ich kann zwar immer noch keinen Pass in der Passstelle beantragen, aber ich könnte Botschafterin werden, denn in die Residenz des Botschafters kommt man auch als Rollstuhlfahrerin – man muss nur wissen wie.

Manchmal denke ich, mein Leben wäre erheblich langweiliger, wenn ich zu solchen Terminen einfach mal durch den Haupteingang gehen würde. In den letzten Tagen hatte ich einen sehr netten Mailwechsel mit dem Protokoll der Botschaft. Das sind die Herrschaften, die dafür sorgen, dass solche Veranstaltungen auch wirklich so ablaufen, wie das vorgesehen ist (selbst wenn ich daran teilnehme). Man bot mir an, mich die Treppen hochtragen zu lassen oder eine Odyssee durch den Keller auf mich zu nehmen. Und wer mich kennt weiß, dass ich lieber durch irgendwelche Keller gehe als mich tragen zu lassen – vor allem, wenn es solch repräsentative Keller sind.

Gestern habe ich mich also über die Klingel gemeldet und ein sehr netter Herr kam und stellte sich als Praktikant vor. Er war damit beauftragt worden, mir den Weg durch den botschaftlichen Untergrund zu weisen. Der Weg ging über zwei Lieferantenrampen (Steigung ca. 12%), vorbei am Pausenraum der Fahrbereitschaft. Dazwischen mussten diverse Türen per Gegensprechanlage geöffnet werden. Das ganze hatte etwas vom Schließsystem von Stuttgart-Stammheim. Sehr beeindruckend! Irgendwann standen wir dann vor einem kleinen Fahrstuhl. Man hatte allerdings vergessen, dem Praktikanten den Schlüssel für den selbigen zu geben, aber der Caterer half aus. Und mit dem kleinen Fahrstuhl fuhren wir dann nach oben in die Residenz. Ein sehr beeindruckendes Gebäude mit viel Gold, Teppichen und Ölgemälden. Ich war pünktlich im Haus, alles hatte geklappt und war gut organisiert. Man hatte sogar einen Stuhl am Tisch weggenommen.

Nun war ich heute wieder in der Botschaft zu einer Ausstellungseröffnung. Die Einladung kam direkt nach der Veranstaltung gestern. Ich mailte zurück, dass ich wieder den Kellerweg nehmen würde, erhielt aber keine Antwort. Gemeinsam mit meiner Praktikantin (nicht nur die Botschaft, auch ich habe eine Praktikantin) ging ich dann wieder zur Klingel. Diesmal waren die Sicherheitsleute aber nicht vorbereitet auf mein Kommen. Jemand kam runter und sagte mir, man habe keinen Schlüssel für den Keller der Residenz, aber man kenne einen anderen Weg. Irgendwo im Hauptgebäude gebe es einen Hublift. Nachdem wir alle Stockwerke abgesucht hatten (ich kenne das Gebäude unterdessen wie meine Westentasche), haben wir tatsächlich einen Hublift zur Residenz gefunden. Und ich habe den Evakuierungsfahrstuhl des Botschafters kennen gelernt – da kann man den Botschafter in den Keller befördern, wo er dann in Sicherheit gebracht werden kann. So etwas erfährt man aber nicht, wenn man als Otto-Normaljournalist den Haupteingang benutzt. Und man erfährt auf solch einer Odyssee mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit kleine Anekdoten aus dem Innenleben solch einer Organisation.



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