Das Leben birgt ja so allerlei Unwägbarkeiten in sich, es ist gefährlich und endet sogar mit dem Tod. Das weiß niemand besser als ein Versicherungskonzern.
Ich bin durch einen ärztlichen „Kunstfehler“ kurz nach der Geburt querschnittgelähmt. Dieser Umstand versetzt mich in die Lage, dass ich seit 29 Jahren (früher natürlich meine Eltern) regelmäßig in Kontakt mit dem Unternehmen stehe, bei dem einer der verantwortlichen Ärzte berufshaftpflichtversichert war.
Heute hatte ich einen Brief des besagten Unternehmens in der Post: Ich solle bitte nachweisen, dass ich noch lebe. So steht das da natürlich nicht. Sie bitten mich lediglich, ein Formular zum Beispiel von einer „siegelführenden Behörde“ ausfüllen zu lassen. Diese Behörde soll bestätigen, dass ich persönlich vorgesprochen habe. Das wäre noch ansatzweise nachvollziehbar, wenn ich eine Karteileiche wäre. Bin ich aber nicht. Ich stehe sowohl im telefonischen als auch schriftlichen Kontakt mit dem Unternehmen – seit Jahrzehnten.
Ich gebe ja zu, dass die magische Zahl 30 in meinem Leben immer näher rückt, aber rechnet da so ein Konzern wirklich schon mit dem „sozialverträglichen Frühableben“? Und ich bin sicher, dass keiner meiner Angehörigen dann weiter Rollstuhlreparaturrechnungen einreicht. So lange mein Rollstuhl regelmäßig repariert wird, lebe ich. So lange ich da anrufe, lebe ich auch. Ich weiß nicht, wie gut die Telefonverbindung aus dem Jenseits ist.
Ich vermute, dass diese Briefe an alle „Altfälle“ (wie mich eine Dame dort mal am Telefon bezeichnete) vor dem 30. Geburtstag geschickt werden und dann alle 10 Jahre wieder. Von wegen Unwägbarkeiten und so.