Ja, ich reise alleine

Christiane Link

Ich war ein wenig spät, aber sah schon von weitem, dass ich Glück hatte: Niemand war an den Check-In-Countern zu sehen. Ungewöhnlich für die Tageszeit. Als ich um die Ecke bog, wurde mir klar, warum. Da waren wieder Geschwader von Mitarbeitern unterwegs, die Passagiere nötigten freundlich aufforderten, doch bitte am Automaten einzuchecken. Ich ignorierte die Herrschaften hartnäckig, denn Passagiere im Rollstuhl müssen am Counter einchecken.

Als ich mir den Weg durch die Schlange vor den Automaten gebahnt hatte und gerade auf die Durchleuchtungsmaschine für Gepäck zusteuerte, hörte ich wie der eifrige Mitarbeiter die Frau ansprach, die etwa 10 Meter (!!!) hinter mir lief. Sonst war kein Passagier in Reichweite. „Sie reisen mit der Dame?“ – Keine Reaktion. „Reisen Sie zusammen?“ – wieder keine Antwort. Die Dame war den Gewändern nach zu urteilen aus einem fernen Land und verstand ihn offenbar nicht. Und ich stellte meine Ohren auf Durchzug – ich war ja auch gar nicht angesprochen…

Dann versuchte er es bei mir: „Reisen Sie zusammen?“. „Nein“, sagte ich. „Ich reise alleine.“ Er konnte es kaum fassen. Es war mir schleierhaft, warum er überhaupt fragte. Vielleicht passte es nicht in sein Weltbild und er versuchte dieses gerade wieder mit der Realität abzustimmen. Ich versuchte, ihn zu ignorieren. „Sie müssen noch zur Durchleuchtungsanlage“, sagte er mir. Ich hätte längst dort sein können, dachte ich so bei mir. Ich machte ihm freundlich aber bestimmt klar, dass ich schon alleine zurecht komme und verschwand.

Am Schalter angekommen, fragte die Mitarbeiterin gleich, ob ich alleine reise. Ich hatte plötzlich den Eindruck mir folgt jemand, nur ich bin die Einzige, die die Person nicht sieht. Weit und breit war niemand zu sehen. Wer sollte also die Person X sein, die mit mir fliegt?

Das Rote Kreuz am Flughafen, die mir beim Einstieg ins Flugzeug helfen, waren mal wieder zu spät. Die anderen Passagiere stiegen vor mir ein. Ich war die Letzte. „Fliegen Sie alleine?“, begrüßte mich die Flugbegleiterin. Und ich hatte immer gedacht, ein Pilot fliegt die Maschine! „Ja, ich reise alleine“, sagte ich.

In Frankfurt gibt es einen speziellen Dienst für behinderte Reisende, die einen am Flugzeug abholen und behilflich sind, falls nötig. Die Mitarbeiterin war nett, aber sehr unsicher und erzählte mir auch gleich, dass sie erst seit kurzem dort arbeite. „Fliegen Sie immer alleine?“, fragte sie mich. Und so beantwortete ich diese Frage vom Check-In bis zum Gepäckband innerhalb von zwei Stunden vier Mal.

Reisen, Rollstuhl, Fliegen, Flughafen



Großartig! Als nächstes vollständige Kasse für vollen Zugriff auf Behindertenparkplatz
Willkommen zurück! Sie haben sich erfolgreich angemeldet
Sie haben Behindertenparkplatz erfolgreich abonniert
Erfolg! Ihr Konto ist vollständig aktiviert, Sie haben jetzt Zugriff auf alle Inhalte
Erfolg! Ihre Zahlungsinformationen wurden aktualisiert
Ihre Abrechnung wurde nicht aktualisiert