Ich bin gestern morgen aufgewacht und dachte mir, es wäre doch im Sinne der Transparenz (und zu meinem eigenen Vergnügen) eine gute Idee, von der Fachkonferenz „All inclusive – ökonomische Chancen im Luftverkehr für alle“ in Berlin auf der ILA live zu bloggen. Es gibt so wenige behindertenpolitische Konferenzen, von denen jemand live bloggt, und ich ändere das jetzt mal. Die Schilderungen sind subjektiv, aber ich bemühe mich, die Fakten so gut wie möglich rüberzubringen.
[10:24] Es ist knallheiß im Raum. Die Mehrheit der Teilnehmer wird eh schon ziemlich k.o. hier ankommen – zumindest wenn sie mit öffentlichen Verkehrsmittel angereist sind. Das Konferenzzentrum ist eine halbe Wanderung von Flughafen bzw. der S-Bahn entfernt. Dazwischen liegt eine ziemlich steile Rampe.
[10:26] Frau Waclawcyk vom Bundesverkehrsministerium erklärt die EU-Verordnung 1107/2006. Sie weist darauf hin, dass man sich bei Beschwerden erst an die Airline, nicht ans Luftfahrtbundesamt wenden soll. Es gibt dafür ein Standardformular.
[10:29] Ein Freier Journalist des Stern meldet sich und fragt, wieso man behauptet, die Fluggesellschaften würden das alle umsetzen. Manche hätten nicht einmal ihre AGB geändert und würden immer noch Geld für den Transport eines zweiten Rollstuhls verlangen. Zudem sagt er, es würde keinen Sinn machen, sich ans LBA zu wenden, wenn die bei der Umsetzung zivilrechtlicher Forderungen nicht behilflich sind.
[10:45] Unsäglich schlechter Auftritt durch das Bundesverkehrsministerium, die sich wie ein Industrievertreter aufführen und dabei bin ich mir sicher, die Luftfahrtindustrie tritt professioneller auf. Die Rednerin legt Statistiken vor über die bislang eingegangenen Beschwerden. Sechs Beschwerden gab es wegen Beförderungsverweigerung, vier wegen Buchunsgverweigerung, acht wegen Hilfe am Flughafen und achtzehn wegen Hilfe durch die Airline.
Leute im Publikum bezweifeln die Statistik. Vier Beschwerden wurden an andere EU-Behörden abgegeben. Neun wurden eingestellt, 16 ohne Sanktionen abgeschlossen.
[10:51] Die Vertreterin hat wegen Zeitmangel ihren Vortrag vorzeitig beendet. Sigrid Arnade, Geschäftsführerin der ISL, erzählt über die Realität beim Reisen. Benutzt dafür mein Bild vom Schuhe abgeben.
[10:54] Sigrid Arnade zweifelt an, dass die Leute, wie von der Dame vom Verkehrsministerium behauptet, nicht alle angemessen geschult sind.
[10:58] Tanya Stötzer von der Deutschen Bahn AG tritt auf. Was die Bahn auf einer Konferenz zum Luftverkehr zu suchen hat, ist mir überhaupt nicht klar. Die Bahn schätzt, dass durch die Herstellung von Barrierefreiheit in Deutschland im Tourismus ein Umsatzplus von 4,8 Mrd. Euro möglich wäre (ich hoffe, die Zahl stimmt, sie redet so schnell). Ja, dann macht es doch, Mann!
[11:01] Die Vortragenden hetzen wahnsinnig durch ihre Vorträge. Alles ist auf Folien geknallt und die Leute glauben, die Leute lesen das schon alles. Für blinde und sehbehinderte Kongressteilnehmer ist das gar nicht möglich.
[11:04] Die Bahn erläutert das Redesign des ICE1 mit einem zusätzlichen Rollstuhlstellplatz und vielem mehr. Auch ICE2 wird redesigned. Die Baureihe BR407 wird eine fahrzeuggebundene Einstieghilfe bekommen. Die ersten Züge kommen 2011. Der ICx (zukünftige Baureihen) wird Barrierefreiheit garantieren für die Zukunft.
69 Prozent aller Bahnhöfe (3745) sind barrierefrei. Der Rest ist nicht oder nur eingeschränkt zugänglich.
[11:09] Die Servicepoints sollen barrierefreier werden, damit man auch mit Rollstuhlfahrern auf gleicher Augenhöhe reden kann. Die Rednerin weist auf www.bahn.de/handicap hin. Ob der Bahn (und anderen deutschen Unternehmen) wohl mal jemand sagen kann, dass außerhalb von Deutschland das Wort Handicap nicht gern gesehen ist. Ich meine, die haben ja auch internationale Kunden.
[11:12] Die DB Servicewerkstatt hat bundesweit Mitarbeiter geschult, sie konnten mal blind über Bahnhof laufen etc. Das Feedback war sehr gut. Sie arbeiten europaweit mit anderen Bahnunternehmen zusammen. Die Bahn macht Imagekampagnen nach innen und außen in Bezug auf Barrierefreiheit. Sie bauen strategische Allianzen um Bereich Tourismus auf, um Reisepakete anbieten zu können.
Alles in allem ein guter Vortrag von der Bahn, leider völlig am Thema der Konferenz vorbei.
[11:15] Klaus-Dieter Kricke von Airbus spricht als nächstes. Es geht um die barrierefreie Kabinenausstattung. Er beginnt mit einer medizinischen Definition von Behinderung. Da hätte die PR-Abteilung aber mal besser briefen können. Motto von Airbus: Passenger at heart, airline in mind. Aha.
Spricht über neue Trends im Flugverkehr: Mehr Frauen, mehr Übergewichtige, mehr Behinderte – die Welt verändert sich. Jeder könne körperliche Behinderungen bekommen. Die meisten „körperlichen Gebrechen“ (uaaaaah!) treten im Laufe des Lebens ein.
[11:23] Der Vertreter von Airbus erklärt die Aufgaben der einzelnen Bereiche (Airline, Flughafen etc.). Airbus unterstützt die Kunden, um Anforderungen durch die Regulierungsbehörden umzusetzen z.B. Bordrollstuhl, Toiletten etc.
Er stellt die barrierefreie Toilette von Airbus vor. Empfehlungen gibt es von DPTAC, NCAT, NES, SAE-ARP 1315. Wer oder was das ist, dürft ihr in den Kommentaren hinterlassen.
Er zeigt die Treppe im Airbus A380. Sagt die Treppen wurden dafür optimiert, das sie auch von gehbehinderten Personen gut nutzbar sind (mit Bild eines Tragerollis auf der Treppe). Naja…
Es ist Airbus bewusst, dass behinderte Passagiere einen großen Teil der Reisenden ausmachen. Wollen Lösungen anbieten, die Regularien erfüllen und Zufriedenheit der Nutzer herstellen. Alle sind gefordert, internationale Standards zu fordern. Airbus will nicht nur Mindeststandards erfüllen. Es ist Teil der Philosophie, Kabine, die für behinderte Menschen gut ist, für alle gut ist (Universal Design).
[11:33] Mr. Robinson von Blue Sky, einem britischen Flugzeugsitzehersteller hält den nächsten Vortrag. Es geht um schlechten Komfort durch Sitze. Er zeigt ein Bild von Boxen für das Entertainmentsystem unter dem Sitz.
Der Sitz von Blue Sky heißt Stella. Er zeigt Bilder wie mehr Platz erzeugt werden kann, spricht von hochklappbaren Armlehnen. Bislang ist mir aber noch nicht klar, was das alles mit Barrierefreiheit zu tun hat – außer die klappbaren Armlehnen, aber die hat heute wohl so gut wie jeder Hersteller im Programm.
[11:43] Als nächstes spricht Mr. Mulholland von Thompson Aero Seating in Nord-Irland. Es geht wieder um bequeme Sitze. Ich hoffe, diesmal etwas mehr zum Thema.
Es geht wieder um Sitzkonzepte und Sitzbreiten etc. Er zeigt ein neues Kabinenkonzept wo die Leute schräg hintereinander sitzen. Ich habe keine Ahnung, wie man da mit dem Bordrollstuhl zum Fensterplatz kommen soll. Durchrutschen ist ja nicht mehr möglich. Ich versuche diese Frage zu stellen. Habe die Frage gestellt, bin aber sofort abgebrochen worden. Zudem hat der Sitzhersteller die Frage nicht verstanden. Er dachte, man könne jetzt auch nur am Gang sitzen. Hallo? Ich fliege immer am Fenster. Fragen war zudem nicht erwünscht aus Zeitgründen. Ich finde, eine Konferenz wo nicht wenigstens 2-3 Fragen nach jedem Vortrag zugelassen sind, ist eine Vorlesung, keine Konferenz. Ich verstehe das Zeitproblem, aber dann muss man sich ein paar Vortragende schenken. So spannend war das ja bislang nicht.
[12:05] Professor Granzeier spricht über Sanitärbereiche im Flugzeug. Zeigt den Eingangsbereich im Flugzeug. Jetzt zeigt er einen Sitz, der in diesem Jahr einen Preis gewonnen hat, wo der Sitz in einen Rollstuhl integriert werden kann. Ich habe die Pressematerialien zu dem Sitz gesehen und glaube, dass die Mehrheit der Leute, nicht schon am Flughafen auf einem Flugzeugsitz in einem fremden Rollstuhl sitzen möchten, sondern das allerallerwichtigste ist, den Leuten ihre eigenen Hilfsmittel so lange es geht zu lassen, idealerweise die Leute in ihren eigenen Rollstühlen reisen zu lassen. Ich weiß, das ist Zukunftsmusik.
Er zeigt verschiedene Behindertentoiletten, auch welche für kleine Flugzeuge. Kann man sich in der Halle 8 der ILA anschauen.
[12:16] Es spricht jetzt Rolf Schrader vom Deutschen Seminar für Tourismus. Spricht schon mal sehr erfrischend, was nach 2 1/2 Stunden in Bullenhitze echt ne Kunst ist. Er stellt eine Studie vor. Immer mehr deutschsprachigen Leute fahren ins Ausland. Okay, jetzt zum Thema: Wachtumstreiber beim Tourismus sind Senioren. Ältere nehmen zu, Jüngere werden immer weniger. Es geht um Reiseintensität. Nur die Gruppe 70+ zeigt geringere Reiseintensität. Ist ein Markt, auf dem man wachsen kann.
Hilfe, ich ertrinke in Zahlen über behinderte Reisende. Ich hoffe, die Präsentationen werden später unter www.behindertenbeauftragter.de veröffentlicht.
Behinderte Menschen unterscheiden sich kaum was Aktivitäten angeht von nicht behinderten Menschen. Die Gruppe ist genauso heterogen, sagt der Verteter des Seminar für Tourismus. Hauptgründe für das Nichtreisen sind Gesundheit und Alter.
[12:34] Vielleicht bin ich wirklich zu Web2.0 geprägt, aber irgendwie fehlt es dieser Konferenz total an Aktivität und Partizipation. Diese Frontalvorträge alleine sind irgendwie nicht angebracht, wenn es eigentlich um ein politisches Thema geht. Ich will nicht zu allem meinen Senf abgeben, aber mich interessiert auch, was die anderen Leute im Raum denken und was ihre Erfahrungen sind. Bis auf Sigrid Arnade waren alle Vortragenden nicht behindert (jedenfalls nicht sichtbar behindert). So wirklich gerecht wird das dem Thema nicht.
[12:37] Jetzt Podiumsdiskussion. Die Moderatorin freut sich, dass mit Air Berlin eine Airline an der Konferenz teilnimmt. Das hat schon fast was von Loriot. Es Konferenz über Airlines und man freut sich, dass eine (!) teilnimmt. Frage der Moderatorin, was sich bei Air Berlin seit der EU-Verordnung geändert hat. Herr Lindner (sorry, da stehen immer nur Nachnamen auf dem Programm) von Air Berlin sagt, es haben sich Dinge im Ablauf geändert. Aber auch vorher haben sie schon die soziale Verantwortung erkannt und sich um Barrierefreiheit bemüht.
Dierk Berlinghoff von Öger Tours sagt, die zunehmende Barrierefreiheit habe man nicht der Verordnung zu verdanken. Man habe aber jetzt eine Ansprechpartnerin, die für Barrierefreiheit bei Öger Tours zuständig ist. Sie haben Datenbanken mit Infos zu Barrierefreiheit. Sie haben aber noch Definzite bei Ausflügen, weil die Busse teilweise nicht barrierefrei sind.
Man habe positive Kundenzuschriften bekommen und ein wachsendes Klientel. Entwicklung gehe zwar nicht durch die Decke, aber es sei definitiv eine Zielgruppe.
[12:50] Annerose Hitzke vom Institut für barrierefreie Gestaltung und Mobilität sagt, es gebe mehr Rollatoren-Nutzer als Rollstuhlfahrer und die würden auch noch zunehmen. Sie sagt, Flugzeug sei das behindertenfeindlichste Verkehrsmittel. Naja, ich finde die Mitarbeiter der Bahn auch nicht ohne. Aber die sind ja kein Verkehrsmittel, die sind ja nur für den Service da.
Dr. Peter Neumann vom Institut Design für alle fragt, ob es ein Sozial- oder ein Wirtschaftsthema ist.
[13:00] Der Vertreter von Air Berlin sagt, es sei unmöglich, weniger Sitze einzubauen oder eine halbe Reihe wegzulassen. Das würde pro Flugzeug pro Jahr rund 1 Million Euro kosten. Das könnten sich die Fluggesellschaften in Zeiten von Vulkanasche und Wirtschaftsflaute nicht leisten. Man fragt sich, wer die Zielgruppe sei.
[13:02] Der Vertreter von Öger Tours weist noch mal darauf hin, dass Investitionen bei neuen Reisebussen wichtig wäre. Man sei in Gesprächen mit den Ausflugsveranstalter. Die Moderatorin fragt nach dem Einfluss, den die Veranstalter haben. Der Vertreter von Öger sagt, die Flugzeuge seien halt schon gebaut. Es gebe keine barrierefreien Flugzeuge, deshalb könne man sie auch nicht anfordern.
[13:04] Der Behindertenbeauftragte Hupert Hüppe hat bislang noch gar nichts gesagt. Weist jetzt auf konkrete Probleme hin. Er meint, wenn Deutschland voran ginge, sei dann zwar alles barrierefrei, aber die Fluggesellschaften seien pleite. Er setzt auf eine EU-Lösung. Es gehe nicht immer über Bestrafung, sondern müsse im Rahmen des Nachteilsausgleich dafür sorgen, dass die Gesellschaft die Kosten trägt. Ohjeeeeee! Hat Deutschland nicht gerade ein Sparpaket beschlossen?
Air Berlin-Vertreter behauptet, die Kosten hätten sich für die Air Berlin hätten sich mehr als verdoppelt seit die EU-Verordnung in Kraft getreten ist. Der Luftverkehr trage sich komplett selber als eine der wenigen Verkehrsmittel.
Air Berlin-Verteter sagt, es gebe durch die EU-Verordnung einen Anreiz geben, sich mehr um behinderte Kunden zu bemühen und um sie zu werben.
Sigrid Arnade darf einen Kommentar abgeben. Weist auf die UN-Behindertenrechtskonvention hin. Sagt ein wenig ironisch, die Fluggesellschaften sollen doch die Toiletten wegnehmen, da behinderte Menschen eh nicht auf Toilette gehen können. Gleiches Recht für alle. Das würde Air Berlin 150 Millionen Euro mehr Umsatz bescheren. Sie schlägt vor, dass Air Berlin den Erlös zur Hälfte an Behindertenverbände spendet.
Es meldet sich jemand, der sagt, er würde von Fluggesellschaften abgelehnt, wenn er alleine fliegt, obwohl ihm die Begleitperson gar nichts nutzt.
Ein Mitarbeiter von MdB Ilja Seifert meldet sich. Er weist darauf hin, dass viele Fluggesellschaften nicht nur EU-weit fliegen. Man müsse international Druck machen.
So, jetzt Mittagspause!
[14:09] So, das Beste bislang war die Mittagspause. Buffet war lecker und ich hatte die Möglichkeit, der Vertreterin des Bundesverkehrsministerium zu erzählen, wieso die Zahlen, die sie vorgelegt hat, nicht die Realität widerspiegeln und warum sich so wenig Leute ans Luftfahrtbundesamt wenden. Das Verfahren ist viel zu bürokratisch, vor allem wenn man bedenkt, dass die Zielgruppe behinderte Menschen sind. Gehörlose Menschen haben manchmal Schwierigkeiten, Formulare auszufüllen, wenn Deutsch nicht ihre Muttersprache ist, sondern die Deutsche Gebärdensprache. Von Menschen mit Lernschwierigkeiten ganz zu schweigen. Von ihr kam die Bitte, sich im Zweifelsfall ans Luftfahrtbundesamt zu wenden. Nur dann wüssten sie, wo die Probleme liegen. Jetzt Workshop zur barrierefreien Flugzeugkabine mit Professor Werner Granzeier.
[14:15] Es meldet sich jemand und sagt, es würden viele Menschen in der Diskussion vergessen. Es gibt Rollstuhlfahrer, die speziell gefertigte Sitzschalen haben und nicht fliegen können, weil sie auf normalen Sitzen nicht sitzen können. Der Professor meint, es gebe dafür in naher Zukunft keine Lösung.
Jemand von Pro Retina (Behindertenverband für Blinde und Sehbehinderte) sagt, sie hätte gerne Sicherheitskarten in Braille und zudem akustisch.
Jemand von Deutschen Verein der Blinden- und Sehbehinderten stimmt der Pro Retina zu. Er ergänzt, die Markierungen der Ruf- und anderer Knöpfe seien schlecht zu unterscheiden. Notausgänge sollten taktil erkennbar sein. Das sei ja auch bei Dunkelheit und Rauchentwicklung wichtig. Er erwähnt die Toiletten. Es müsste eine eindeutige Markierung erfolgen. Es könne nicht sein, dass man die ganzen Wände abtasten müsste, bevor man die Spülung findet und dann doch die Flugbegleiterin kommt, weil man den falschen Knopf gedrückt hat.
Es fordert jemand, dass es eine einheitliche Medical Card gibt, die den Fluggesellschaften Auskunft über den Grad der Behinderung gibt. Ich verstehe immer diesen Karten- und Ausweisfetischismus der Deutschen nicht. Ich sage denen, was los ist und erwarte, dass sie sich auf meine Bedürfnisse einstellen. UK hat keine Behindertenausweise und funktioniert dennoch. Es behauptet jemand, dass British Airways Begleitpersonen verlangt. Kann ich nicht bestätigen.
[14:28] Ralph Raule meldet sich und sagt, er spreche für gehörlose und schwerhörige Passagiere. Er fordert alle Informationen auch visuell anzubieten und Sicherheitshinweise auch in Gebärdensprache und mit Untertitel anzubieten.
[14:38] Sigrid Arnade kritisiert die Medical Card und sagt, die Airline muss die Bedürfnisse wissen, nicht die Behinderung. Es wird erwidert, die Diagnose stehe ja nicht auf der Karte. Ich sage, ich brauche keinen Arzt, um meine Bedürfnisse zu definieren.
[14:40] Es wird diskutiert, wie Rollstühle gebaut werden müssen, um sie mit in die Kabine nehmen zu können. Der Professor erläutert was physikalisches zu Kräften beim Fliegen. Es fragt jemand, wie man es schaffen kann, Rollstühle flugzeugtauglich zu machen. Es wird darauf verwiesen, dass im anderen Workshop jemand vom TÜV Rheinland sitzt, den man das fragen kann. Jetzt Thema leichte Sprache und das Reisen von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Jetzt Thema Beatmungsgeräte. Er hat kein Sauerstoffgerät, sondern ein Beatmungsgerät. Er durfte sein Gerät nicht benutzen, weil es nicht zertifiziert war. Der Professor sagt, er solle sich ans Luftfahrtbundesamt wenden.
[14:46] Ralph Raule kritisiert, was der Professor über die Wortmeldungen protokolliert. Ich hatte noch gar nicht mitbekommen, dass überhaupt protokolliert wird.
[14:48] Die ganze Konferenz hat ein Akustikproblem. Jetzt startet auch noch eine Flugshow nebenan. Es gibt auch nur ein Mikro. Sehr Schwerhörigenfreundlich! Ich höre jetzt aber auch als gut Hörende nix mehr.
Ein blinder Teilnehmer möchte etwas zum Boarding sagen. Er kritisiert, dass es an den Flughäfen immer weniger Ansagen gibt. Jemand kritisiert, dass das Preboarding nicht immer klappt.
Sigrid Arnade sagt, es soll vermieden werden, dass die Leute in Flughafenrollstühle umgesetzt werden.
Ich sage, dass die Flughäfen verpflichtet werden müssen, so genannt Highlifts anzuschaffen. Es könne nicht sein, dass im Jahr 2010 immer noch über Treppe geboarded wird und rollstuhlfahrende Passagiere über 30 Stufen getragen werden.
Ein blinder Teilnehmer sagt, er möchte nicht im Rollstuhl zum Gate gebracht werden. Er könne selber laufen.
Jemand vom Flughafen Hannover sagt, es sei ein Sicherheitsrisiko, Leute alleine die Flugzeugbrücke runterfahren zu lassen. Deshalb habe er verbieten lassen, dass Rollstuhlfahrer ihre eigenen Rollstühle mit zum Gate nehmen. Der Flughafen Tegel / Bundespolizei wurde vor nicht all zu langer Zeit verklagt, weil jemand seinen Rollstuhl nicht mitnehmen durfte. Hannover, aufpassen! Ich habe übrigens meinen Rollstuhl auch in Hannover schon mit ans Gate genommen.
[15:10] Ralph hat mir Gott sei Dank Strom besorgt. Jetzt kann ich noch Stunden weiterbloggen.
[15:12] Jemand fordert, dass Turbulenzen erklärt werden, auch für schwerhörige oder gehörlose Menschen.
Jemand bemängelt, dass die Flugbegleiter oft die Inhaltsstoffe der Nahrung an Bord nicht wissen, was für Allergiker problematisch ist. Jemand sagt, dass es immer sehr wohltuend war, wenn Flugbegleiter die Leute als Passagiere wahrnehmen und nicht als Problem. Es gebe Fluggesellschaften die könnten das prima und andere nicht.
[15:17] Jetzt geht es um Sanitäranlagen. Ich sage, dass die barrierefreien Toilette möglichst zentral und nicht nur hinten liegen sollten, idealerweise vorne und hinten. Der Professor erklärt die Toilettenlage in Flugzeugen. Blinde Teilnehmer fordern das Vermeiden von Piktogrammen. Ralph Raule protestiert, weil für Gehörlose Piktogramme gut sind.
Jemand sagt, der Bordrollstühl dürfe nicht Maßstab für alles sein. Der Professor sagt, der Bordrollstuhl sei unter 500mm breit. Das sei Vorgabe. Jetzt ist es wieder super laut durch die Flugshow.
Es geht ums Deboarden. Jemand kritisiert, dass behinderte Menschen immer als letztes raus müssen.
Ich sage, ich möchte, dass WCHC / WCHR / WCHS genauso gespeichert wird wie mein Essenswunsch oder meine Sitzplatzwunsch, wenn ich Vielflieger bin.
So, Workshop zu Ende. Kaffeepause.
[16:00] Zusammenfassung der Workshops kommt jetzt. Unseren schenke ich mir.
[16:15]Jetzt wird der andere Workshop vorgestellt. Es ging um ökonomische Impulse. Der Markt ist da, warum nutzen ihn so wenige? Unternehmen müssten mit Kunden ins Gespräch kommen. Bei Qualifizierung werde der Bereich Kunden mit Behinderungen oft ausgeblendet. Es wurde diskutiert, was die Politik tun kann. Handlungsempfehlungen: Design für alle als Marktvorteil, Design für alle als Unternehmensphilosophie, muss zur Chefsache erklärt werden. Es fehlt wissenschaftlich fundierte Datenbasis. Koordinator im Unternehmen einsetzen. Qualifizierung und Schulung sind wichtig, vor Ort in mindestens eintägigen besser zweitägigen Veranstaltungen, gutes Marketing zu dem Thema, Unterstützung durch Politik wichtig, Stärkung der kritischen Verbraucher.
[16:18] Der österreichische Zivilinvalidenverband (wenn ich mich durch die Flugshow nicht verhört habe) hat abgesagt, deshalb entfällt der Vortrag über die Zusammenarbeit mit der AUA.
Stefan Krusche referiert über Zielvereinbarungen als Instrument zur Herstellung von Barrierefreiheit. Er kritisiert Germanwings, die behinderte Kunden über eine 0900-Nummern anmelden liessen. Jetzt geht es wieder um Bordrollstühle auf innereuropäischen Strecken.
Er kritisiert die EU-Verordnung in Bezug auf die Begleitperson. Und wieder Germanwings: Im Callcentre werde überprüft, ob nicht zu viele behinderte Reisende an Bord sind. Sorry, er liest schnell vom Blatt ab. So schnell bin ich nun auch nicht.
Er kritisiert die EU-Verordnung, habe zu viele Schlupflöcher, die von der Industrie perfekt genutzt würden. Sagt, er habe sich beim Luftfahrtbundesamt beschwert, Beschwerde wurde nach Brüssel weitergeleitet, seitdem hat er nichts mehr gehört. Er hofft auf ein weiches Wettbewerbsmerkmal wie Barrierefreiheit (sorry, wieder schlecht zu verstehen wegen Flugshow). Nach dem Kongress brauche ich auch Gebärdensprachdolmetscher.
[16:33] So, jetzt Podiumsdiskussion zu Zielvereinbarungen mit Nils Braun von der Deutschen Lufthansa, Herr Lindner von Air Berlin (damit sind es jetzt immerhin zwei Airlines, die hier sind), Hans-Joachim Wöbbeking (1. Vorsitzender Bundesverband Polio), Stefan Krusche und Hubert Hüppe.
[16:37] Nils Braun sagt, für die Lufthansa habe sich durch die EU-Verordnung kaum etwas verändert, da man schon immer bemüht war, Barrierefreiheit als Qualitätsmerkmal umzusetzen. Die Lufthansa wäre auch für Zielvereinbarungen offen.
Hans-Joachim Wöbbeking bestätigt, dass es kaum Probleme mit der Lufthansa gebe. Im Zielvereinbarungsregister gebe es sehr wenig Vereinbarungen. Es gebe keine Sanktionen und der Aufwand sei sehr hoch. Es sei wichtig, sich mit den Verbänden zu verständigen. Es gehe darum, vernünftige Regelungen für alle zu finden.
Nun Air Berlin, Herr Lindner: Zielvereinbarungen gebe es nicht. Es gebe aber Zielvereinbarungen über Wartezeiten mit den Nutzerausschüssen der Flughäfen. Herr Lindner sagt, das Thema barrierefreie Toilette sei viel zu komplex als dass es in eine Zielvereinbarung passen könnte. Das müsste airlineübergreifend geregelt werden.
Hubert Hüppe sagt, er sei skeptisch in Bezug auf Zielvereinbarungen. Es gehe manchen Unternehmen mehr um ein Etikett als um eine Vereinbarung. Es gehe darum, damit zu werben.
Stefan Krusche regt sich über die „Horrorrechnung“ von Herrn Lindnern von heute morgen in Bezug auf das Herausnehmen von Sitzen auf. „Sie als Air Berlin würden doch nicht drei Sitze herausreissen, sondern würden zwei Sitze breiter machen und die Sitze teurer verkaufen und sie nur um Bedarfsfall an behinderte Menschen abgeben.“ Mit solchen Horrorvisionen würden viele Unternehmen in Deutschland argumentieren. Es müsse einfach einer großen Zahl von Menschen zu gute kommen. Dieses Denken müsse in alle Fluglinien hinein. Herr Lindner antwortet, es sei keine Horrorvision. Es sei nur eine Beispielrechnung gewesen, wenn man die Toilette vergrößern müsse. Es sei ein Gedanke Behindertensitze einzubauen. Notausgangsitze würden bereits heute mit Aufschlag verkauft. Das sei eine gute Anregung, in diese Richtung weiterzudenken.
Diskussion geht weiter, Name „Komfortplätze“ etc., technische Details.
Mir ist sauwarm übrigens. Wäre ich Amerikanerin, würde ich jetzt fragen: „Gibt es in Deutschland keine Klimaanlagen?“. Jedenfalls nicht in Schönefelder Kongresszentrum.
[17:00] Wenn ich die Diskussion so höre, könnte man echt meinen, die Leute fliegen, um auf die Toilette zu gehen. Ja, ich brauche auch eine barrierefreie Toilette im Flugzeug, aber muss man das jetzt wirklich stundenlang diskutieren? Ich möchte lieber über Strukturen sprechen.
Jetzt Fragen aus dem Publikum. Wieder Toiletten und UN-Konvention. Ich frage nach, wie weit Air Berlin und Lufthansa in der Umsetzung der EU-Richtlinie sind, was die Handbücher für das Personal sind und wie die Zukunftsvision der beiden Airlines sind, was sie für die Zukunft geplant haben, um das Reisen für behinderte Menschen noch bequemer zu machen.
Fragen werden gesammelt beantwortet. Wieder Toiletten und UN-Konvention. Jetzt fragt jemand, ob Air Berlin und Lufthansa Bereiche sehen, wo man mit ihnen Zielvereinbarungen abschließen kann.
Jemand meldet sich und fragt Air Berlin, warum sie ihm drei Mal den Mitflug verweigert haben und er mit einer anderen Airline, die teurer war, fliegen musste.
[17:15] So, jetzt zu den Antworten: Herr Lindner weiß nicht, warum ihm der Mitflug verweigert wurde. Air Berlin transportiert E-Rollis mit auslaufsicheren Batterien.
Jetzt wieder Toiletten. Die Fluggesellschaften sagen, es sei ein Zertifizierungsproblem.
Zielvereinbarungen: Air Berlin sagt, mehrere kleine Schritte seien effektiver als ein großer. Er werde die Diskussion in die Airlineverband mit hinein tragen. Lufthansa-Vertreter stimmt zu. Weist darauf hin, es mindestens auf europäischer Ebene zu machen, nicht auf nationaler. Man sei in Deutschland relativ weit, was die Umsetzung angeht. Manche Mitbewerber scherten sich nicht um die EU-Verordnung. Lufthansa wird eine spezielle Hotline einrichten. Ich bitte darum, auch eine Kontaktmöglichkeit für gehörlose Kunden einzurichten. Air Berlin hat meine Frage nach dem Umsetzungsstatus nicht beantwortet.
Jetzt Hubert Hüppe mit einem Schlusswort. Er verspricht, den politischen Forderungen nachzugehen. Spricht wieder von Gefahr von Wettbewerbsverzerrung. Möchte Leute belohnen, die sich gut verhalten.
ENDE
Ich geh jetzt schön was essen. Aber nicht ohne vorher darum zu bitten, dass mehr Leute über solche Konferenzen bloggen, damit diese Szene nicht immer nur tagt tagt tagt, aber sich nie etwas ändert.