Journalist Albrecht Ude, Cornelia Kunze, Geschäftsführerin von Edelman und Nico Lumma von Interdings diskutieren beim Panel „Blogs, Flickr & Co. – Wie Amateurmedien klassische Medien und PR-Arbeit verändern“. Es moderiert Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach von Ausschnitt. Die Veranstaltung ist in einen anderen Raum verlegt, der den Titel „Raum“ gar nicht verdient, sondern einfach eine Ecke auf der Ausstellungsfläche. Es ist saulaut drumherum und angenehm wird das hier nicht. Nebenan hat das Catering seine Küche. Sehr skuril. Das Mikrofon hat eine Dauerrückkopplung fiept zwischendurch – prima.
Es geht schon wieder um Zugriffszahlen. Nico Lumma meint, er habe gar keine Zielgruppe. Jeder Blogger habe seine eigene Heransgehenensweise. Die Relevanz mag er nicht beurteilen, meint er. Es gebe einen gewissen Multiplikationsfaktor. Cornelia Kunze meint, es falle ihr schwer, nur über das Thema Blogs zu reden. Es gehe in erster Linie um das Internet. Das Internet habe die Arbeit der PR-Agenturen enorm verändert. Der Titel Pressesprecher habe immer weniger Relevanz. Als PR-Frau habe sie die Möglichkeit, sich mit den neuen Entwicklungen zu beschäftigen. Früher sei es Aufgabe gewesen, unter anderem schlechte Dinge vor Journalisten zu verheimlichen. Heute sei das Aufgabenfeld weit größer. PR-Leute machten Videos, schleusten Musikstücke in die Radios. PR-Leute seien „Big Idea“-Producer. Relevanz beurteile immer der, der Absender ist. Die neuen Medienformen Blogs etc. hätten das Kommunikationskonzept umgedreht: Es gebe keine Geheimnisse mehr.
Albrecht Ude sagt, es sei falsch, dass es keine Geheimnisse mehr gibt – es gebe viel zu viele aus Sicht der Journalisten. Der Vergleich Blogging und Journalismus sei schon deshalb falsch, weil Journalismus eine Arbeit sei und Blogging eine Kommunikationsform.
Albrecht Ude erzählt vom Meckerblog, den er für ZEIT Online betreut. Cornelia Kunze meint, sie glaube schon, dass Blogs Journalismus beeinflussen. Journalisten geraten in Konkurrenz zu Blogs, wenn sie gut gemacht seien. Dennoch seien Massenmedien derzeit der effizientere Kanal, wenn man Massen erreichen will. Albrecht Ude meint, eine große Chance für den Journalismus liege im Micropublishing. Dass Weblogs einmal die klassischen Medien gefährden werden, sehe er überhaupt nicht. Nico Lumma meint, er fände es gut, dass Leute die drei Sätze schreiben können, andere beeinflussen können und es die PR-Unternehmen nicht mehr so einfach haben. Das mache es so spannend: Jeder kann loslegen.
Cornelia Kunze meint, es würde nicht schwieriger, aber man müsse bereit sein, sich damit zu beschäftigen. Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach nimmt das Wort „Netzwerk Recherche“ in den Mund. Albrecht Ude meint, er nehme Weblogs sehr stark zur Kenntnis, schon allein das, würde den Journalismus verändern, wenn Journalisten Weblogs lesen. Es sei immer mehr Content erreichbar. Blogger kooperieren sehr stark, Journalisten kooperieren nur, wenn sie sich schon kennen und schon einmal miteinander gearbeitet haben. Allein die starke Verlinkung führe dazu, dass die Blogger dem Journalismus in dem Bezug etwas voraus hätten.
Im Internet verändere sich die Themenfindung, meint Albrecht Ude. Cornelia Kunze hatte vorher gesagt, dass es heute schon Inhalte gibt, die es auf Papier gar nicht mehr geben müsste. Beispiele waren Restauranttipps und Buchrezensionen. Nico Lumma meint, Glaubwürdigkeit spiele eine gewisse Rolle, aber man wisse beispielsweise bei Amazon bei den Buchrenzsionen nicht, wer der Mensch genau sein. Bei Bloggern sei das ganz gut nachvollziehbar, wenn man Artikel aus der Vergangenheit lese. Das interessante an der Glaubwürdigkeitsdebatte sei, dass diese nur von einer Hand voll Leuten geführt werde, die im Zweifelsfall mal Journalisten waren oder sind. Der Mehrheit der Blogger sei das Thema egal, die wollten einfach nur schreiben. Die machten sich keine Gedanken darüber, ob sie glaubwürdig sind.
Cornelia Kunze meint, sie langweile die Glaubwürdigkeitsdebatte bei Weblogs. Man habe bei Weblogs ein Medium mit einer Selbstreinigungsfunktion. Die Diskussion käme aus einem alten Monopolgedanken der Medien. Man habe überhaupt ein Glaubwürdigkeitsverlust großer Institutionen. Ude fragt, ob man Weblogs glaubt, weil man anderen nicht mehr glaubt. Cornelia Kunze meint, ja es könne sein, dass Blogger einen Glaubwürdigkeitsbonus haben.
Ein Podcaster sagt, die neuen Medien seien nicht glaubwürdig, weil die anderen unglaubwürdig geworden sind. Geglaubt werde immer nur, was geglaubt werden will. Ein anderer Zuschauer sagt, Journalisten wüssten gar nicht, was für ihn relevant ist. Bei Bloggern wisse er, welche gemeinsamen Interessen er mit dem Blogger habe. Deshalb vertraue er der Empfehlung eines ihm bekannten Bloggers mehr.
Cornelia Kunze meint, Massenmedien seien nicht tot, aber sie hätten Konkurrenz bekommen. Albrecht Ude meint, eine Relevanzprüfung finde bei den Blogs nicht mehr statt. Medien würden diese Relevanzprüfung aber vornehmen. Auch ein Thema in der Tagesschau sei relevant. Der Zuschauer antwortet, was in der Bildzeitung steht, sei für ihn aber nicht relevant. Er wolle entscheiden, was er von wem lese. Eine Zuschauerin (PR-Beraterin) meint, 80 Prozent der Informationen in der Öffentlichkeit seien gesteuert. Sie spricht von der Rolle der Blogs im Marketing.
Jetzt geht es um Blogs und Marketing. Cornelia Kunze meint, die Bloggerszene sollte sich nicht immer nur um sich selbst drehen. Und Unternehmen sollten ein Corporate Blog gründen, um ein eigenes Auditorium zu schaffen. Man müssen den ein oder anderen Werbedollar in die Hand nehmen, um die URL bekannt zu machen. Blogging sei ein Anzeichen dafür, dass sich was an der Kundenkommunikation der Unternehmen ändern müsse.
Nico Lumma meint, ein Corporate Blog aufzusetzen reiche nicht. Es gehe ja darum, ein Blog kontinuierlich zu führen. Es könnten auch harte Worte kommen etc.
[Ich frage mich gerade, ob Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach und Don Dahlmann (sitzt im Publikum) den gleichen Anzug anhaben. Virales Marketing von Boss oder C&A?]
Don Dahlmann meldet sich. Er erwähnt Frosta. Er halte die für Glaubwürdig, weil sie von jeher eine offene Kommunikation pflegen. Man wisse woher die Zutaten kommen etc. Corporate Blogs hätten das Problem, dass es als manipulatives Instrument gesehen wird. Viele Firmen wüssten gar nicht genau, was Blogging ist und was sie machen müssten, um erfolgreich zu bloggen. Cornelia Kunze meint, CEOs, die nicht bereit sind, durch die Fabrik zu gehen um Fragen zu beantworten, seien auch keine geeigneten CEO-Blogger. Dann sollten sie es auch bleiben lassen.
Albrecht Ude meint, Journalisten würde es gar nicht so schwer fallen, zu bloggen. Er führt Knüwer an. Und zum Schluß darf das Thema Opel nicht fehlen. Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach erzählt den Hintergrund zur Opel-Aktion. Nico Lumma meint, sie hätten mit Entrüstung gerechnet. Man habe das gemacht, um zu zeigen, wie ein Autotest sein kann. Er habe viele Autotests gelesen, die er nicht verstanden habe als er auf Autosuche war. Er habe allerdings nicht erwartet, dass die Diskussion auf einem derartigen Niveau abläuft. Cornelia Kunze sagt, sie hätte es spannend gefunden, wenn Opel 1000 Autos zur Verfügung gestellt hätte, vor der Markteinführung, als Partizipationsprozess. Nico Lumma antwortet, sie hätten erstmal angefangen. Cornelia Kunze meint, das ebne keinen Weg. Andere Firmen werde das erst überzeugen, wenn sie sehen, dass daraus was großes entsehen kann, dass die Opelhändlern von ihren Nachbarn angesprochen werden etc. Es finde unterhalb der Wahrnehmungsschwelle statt und es sei nur ein Produkttest. Es sei nichts Großes, nichts Partizipatives. Nico Lumma meint „Gemach. Gemach.“
Nico Lumma zitiert Jochen Wegner, der gesagt habe, es fehlten Blogger, die einen Impact haben. Blogger seien immernoch eine abgegrenzte Gruppe, viele bloggten schon lange. Einige kommen hinzu.
Cornelia Kunze sagt, Edelman monitore Blogs für seine Kunden und erwähnt das Tool, das sie zusammen mit Technorati aufbauen. Im Bereich der Gesundheitskommunikation nutzten sie das Internet für Patienten. Für Axe gebe es eine Kooperation mit MySpace etc. Sie sei sicher, dass sich in Deutschland einiges tun werde. Nico Lumma meint, man stecke in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Es werde „viel mehr schöne Sachen“ geben. Der „User gedrivene Content“ werde mehr werden.