Dass die Politik durchaus Einfluss auf den Alltag der Menschen haben kann, ist nicht neu. Die Grünen in Hamburg versuchen gerade mit einem Antrag in der Bürgerschaft meinen Alltag zu ändern. Und den von anderen rollstuhlfahrenden Hamburgern natürlich auch.
Mein Alltag besteht nämlich unter anderem darin, mir genau zu überlegen, wie ich meinen Tag um Toilettengänge herum strukturiere. Der Grund ist ganz einfach: Weil es in Hamburg (und anderswo) so wenig Behindertentoiletten gibt, muss ich mir gut überlegen, wann ich wie lange wohin gehe, damit ich in angemessenen Abständen ein Klo finde. Ich weiß, für die meisten Menschen, die sich zu Fuss fortbewegen, ist das undenkbar. Wer es mal ausprobieren will, kann sich ja mal einen Tag vornehmen, nur dann zur Toilette zu gehen, wenn eine Behindertentoilette in der Nähe ist.
Jedesmal, wenn ich aus den USA zurück komme und ein paar Wochen von dieser Planerei Urlaub hatte, weil es in den USA erheblich mehr Behindertentoiletten gibt als hier, merke ich, wie sehr mich das in Deutschland nervt und Plattenplatz meines Gehirns kostet.
Aber zurück zur Politik: Die GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Martina Gregersen hat jetzt einen Antrag in der Bürgerschaft gestellt, bei der Neuausschreibung der Stadtmöblierung (Haltestellen, Mülleimer etc.) doch bitte auch 40 Behindertentoiletten auszuschreiben. Dann wäre das so wie in Berlin: In vielen Gegenden gibt es dort vollautomatische öffentliche Toiletten, die auch noch barrierefrei sind und optisch ins Stadtbild passen. In Hamburg gibt es auch vollautomatische Toiletten (z.B. am Jungfernstieg und an den Landungsbrücken, aber die sind nicht barrierefrei angeschafft worden). Wenn schon die öffentlichen Gebäude nicht immer und Restaurants selten eine Behindertentoilette haben, wäre es hilfreich, wenigstens in der Nähe eine öffentliche Toilettenanlage benutzen zu können. Wenn ich das Konzept der Stadtmöblierer richtig verstehe, kostet die Städte das wenig bis nichts, weil sie mit Werbung auf den Anlagen Geld verdienen.
Wenn Hamburg 40 dieser Toiletten bekäme, würde sich mein Alltag teilweise ändern: Ich könnte länger als drei Stunden in einem Restaurant sitzen und müsste weit weniger planen. Mir fallen auf Anhieb diverse Standorte ein, wo diese Toiletten wirklich nützlich wären – nicht nur für Rollstuhlfahrer.
Aber die Politik entscheidet selten nach Kategorien wie „nützlich“ oder „nicht nützlich“. Insofern rechne ich nicht damit, dass sich mein Festplattenplatz im Kopf demnächst weniger belegt sein wird.
Via hh-heute